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Abendzeitung, 10.01.1976


Glöggler-Sanierung ist Perfekt


Banken stimmen Rettungsplan zu - Minister spricht von "Bankräuber"


M ü n c h e n (dpa). Drei der fünf großen Firmen aus dem in Liquiditätsnöte geratenen Textilkonzern Glöggler in AuFsburg können als gerettet gelten. In Münzhen beschlossen am Freitag Banken, Lieferanten und Versicherer endgültig, die Elälfte des neuen Kapitals der Erba AG für Textilindustrie in Erlangen und der Augsburger KammgarnS pinnerei (AKS) zu übernehmen. In EIessen werden jeweils 6 Mill. DM von zwei Großbanken als neues Kapital der Val. Mehler AG in Fulda eingebracht und vom Land zur EIälfte verbürgt. Damit ist der größte Teil der insgesamt 11000 Arbeitsplätze des größten deutschen Textilkonzerns, von denen allein 7000 auf Bayern enfallen, gesichert.


Der Freistaat Bayern hatte in einer Sondersitzung beschlossen, über die staatliche Landesanstalt für
Aufbaufinanzierung
(LFA) nach einem Kapitalschnitt auf Null 50% bei AKS und 35% des neu zu errichtenden Kapitals beiErba zu übernehmen. Weitere 15% sollen vom Land Baden-Württemberg für Erba aufgebracht werden. In Stuttgart wurde am Freitag positiv" über dieBeteiligung beraten. — Voraussetzung war jedoch, daß die zum
Teil bei Glöggler
stark engagierten Banken die andere
Hälfte des Kapitals übernahmen. Die beiden letzten der fünf großen produzierenden
Glöggler-Unternehmen, die Mech. Baum-
woll-Spinnerei und -Weberei (SWA) Augsburg und die Hanfwerke Füssen-Immen-
stadt (HFI) sind dagegen so schwer belastet
daß mit einem "rechtlichen und finanziellen
Schritt" gerechnet wird. Nach einem Ver-
gleich oder Konkurs sollen aber auch diese
2300 Arbeitsplätze dadurch gesichert werden,


daß die neue Erba dann die Anlagen eventuell übernimmt.
Ebenso wie Bayerns Wirtschaftsminister Anton Jaumann warnte auch der Vorsitzende der Industrie-Gewerkschaft Textil, Karl Buschmann, vor zu großer Unruhe. Die Tatsache, daß möglicherweise ein Konkurs von zwei Firmen nicht vermeidbar sei, bedeute noch keine akute Bedrohung der Arbeitsplätze.
Die Höhe des Kapitaleinsatzes bei den beiden "bayerischen" Glöggler-Firmen wird auf jeweils etwa 70 Millionen DM geschätzt. Diese Summe wird entsprechend den Abmachungen geteilt. Die Hessische Landesbank gehört nach Informationen aus München hier nicht zum Kreis der geldgebenden Banken.
In München und Wiesbaden herrschte am Freitag Erleichterung über den Ausgang t der Sanierungsbemühungen. Wirtschaftsminister Jaumann dankte den Banken und R zeigte sich zuversichtlich, daß die Arbeits, plätze auf Dauer gesichert sein werden. Alle Anstrengungen gelten nun SWA und HFI. Der hessische Wirtschaftsminister Heinz Herbert Karry kritisierte scharf den Beherrsehungsvertrag der Mehler AG mit dem Glöggler-Konzern. Der Konzern habe in den letzten zwei Jahren mehr als 20 Mill. DM aus seiner Tochterfirma abgezogen. Dieses Vorgehen lasse sich nur mit dem eines
Bankräubers" vergleichen. Auch Jaumann hatte am Donnerstag die Spekulationen des inzwischen entmachteten Firmenchefs Hans Glöggler kritisiert.


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