Süddeutsche Zeitung, Oktober 1988
Besetzungsrüge zurückgewiesen
Laien dürfen weiter richten
Glöggler-Prozeß um 1,3 Milliarden Mark geht weiter
Von Hannes Krill
München - Der Versuch des früheren Augsburger Textilunternehmers Hans Glöggler, im Schadensersatzprozeß gegen den Freistaat Bayern Boden zu gewinnen, ist vorerst gescheitert. Die 6. Kammer des Münchner Verwaltungsgerichts wies am Mittwoch eine Besetzungsrüge seiner Anwälte ab, die darauf abzielte, die drohende Niederlage abzuwenden und die Klage von einer anderen Kammer neu verhandeln zu lassen. Glöggler, dessen Textilimperium 1976 zusammengebrochen ist, fordert vom Freistaat Bayern 1,3 Milliarden Mark Schadensersatz, weil er glaubt, daß die Staatsregierung seinen angeschlagenen Konzern damals nicht saniert, sondern bedenkenlos "verschleudert und zerstört" hat. Glögglers Forderung ist die größte Schadensersatzsumme, die je vor einem deutschen Gericht geltend gemacht wurde
In ihrer Besetzungsrüge hatten Glögglers Anwälte moniert, daß die 310 ehrenamtlichen Richter des Münchner Verwaltungsgerichts rechts- und gesetzwidrig bestellt worden seien. Unter anderem seien Beamte und Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes als Laienrichter vorgeschlagen worden, was gegen die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung verstoße."Die ehrenamtlichen Richter", kritisierten die Anwälte, "sollen das Volk repräsentieren" Der Kläger müsse "die Gewißheit haben, daß nicht beispielsweise Beamte des Wirtschafts- oder des Finanzministeriums über die Klage gegen den Freistaat Bayern entscheiden".
Die 6. Kammer unter dem Vorsitz von Erwin Pongratz, dem Vizepräsidenten des Münchner Verwaltungsgerichts, folgte diesen Argumenten jedoch nicht Sie wies die Rüge der Anwälte deshalb ab und begründete die Entscheidung mit dem Hinweis auf einschlägige Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts in Berlin Die Schöffenwahl, so urteilte die Kammer, könne lediglich dann erfolgreich angefochten werden, wenn es dabei zu "gravierenden Fehlern" und "mißbräuchlichen Manipulationen" gekommen sei Die von den Anwälten gerügten Fehler seien aber "nur auf ein Versehen zurückzuführen" und keinesfalls schwerwiegend genug, um die Wahl der Laienrichter für ungültig zu erklären Der Prozeß wird am Freitag fortgesetzt.
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